Skip to content.

Sections
#100 TONTO - Info  
#50 CD29: KAUDERS Games  
#41 CD3, CD5: schrebergaertner-trilogie  
#39 CD10: reMI - Geist der Utopie  
#38 CD6: ATOLL K.  
#37 CD9: IF YOU DIG SYD, DIG FOR SYD  
#36 CD4: coop mopedlive-elektronik / improvisation;  
#35 CD8: dipl ing  
#34 CD7: a roomfull of shoes  
#11 CD12 LALELOO: Same  
#10 CD14 MATH/ZEININGER: Tempest  
#9 CD15 REFLECTOR: Flugangst  
#8 CD16 COOP: Lemke  
#7 CD18 LEPENIK: Treatments  
#6 CD19 POSCH: Triest!  
#5 CD20 reMI: Treatments  
#4 CD21 CODE INCONNU: Abgesang  
#3 CD24 EMANUEL FRAKT: Kekkoushougai  
#2 CD28 OGIERMANN  
#1 CD23 reMI: Error_04  

(Skug Artikel) TONTO: EIN LEBEN IM ZEICHEN DES GESAMTKUNSTWERKS

Author: Tiz Schaeffer
Datum: 2002/10/02 23:27:32 GMT+2

<i>Artikel im Skug geschrieben von Tiz Schäffer</i>
<br>
http://www.skug.at/rubriken/phonotaktik.php?id=156
<br>
<br>


<b>Das Experiment als wichtigstes Moment k&uuml;nstlerischer Selbstverwirklichung. Auf diesem Fundament will das Grazer Elektronik-Label Tonto seine Entw&uuml;rfe errichten. Ohne auf den experimentellen Charakter zu bestehen wird hier abseits marktstrategischer &Uuml;berlegungen eine Versuchsanordnung geschaffen, in der die Teilchen den normierten Weg gerne mal verlassen. skug sch&uuml;ttelte an den Reagenzgl&auml;sern.<i>skug - 50 | </i><i><a href="mailto:tiz">Tex Carter</a></i> | <i>11-03-2002 | </i><br>
</br></b></br></br></br>

<br><b>Der Weg ist das Ziel</b>

<br>
<br>
Begonnen hat alles eigentlich schon 1994. Der Computer als Produktionsmittel beginnt sich als &auml;sthetische Institution hierzulande durchzusetzen und greift dadurch auch das klassische Bandformat massiv an. Auf diese Individualisierung will man reagieren: &Uuml;ber mehrere Stationen wie tape-releases und das Tonto-radio beginnt sich Tonto erst 2001 als seri&ouml;s betriebenes Labelprojekt sch&auml;rfer zu konturieren.
<br>
Die Gr&uuml;nde, warum dieser Etablierungsprozess erst jetzt Gestalt annimmt, sind wohl vielf&auml;ltig. Die Frage, ob es eine bewusste Strategie der Zur&uuml;ckhaltung gab, oder ob es sich einfach um eine dezent desinteressierte Nonchalance handelt, beantwortet Labelgr&uuml;nder Helmut Kaplan mit: &raquo;Es wird wohl eine Mischung aus beiden Faktoren gewesen sein&laquo;. Aber es geht auch, laut Tonto-Mitarbeiter Thomas Ballhausen,&raquo;um einen Widerstand gegen kunstzerst&ouml;renden Marktliberalismus&laquo;.

<br>
<br>
<br>
<b>Die Struktur macht die Musik/ Pars pro toto </b>
<br>
<br>
Das Label selbst versteht sich als K&uuml;nstlerkollektiv, das mehr oder weniger stark auf dem Fundament der Bildenden Kunst fu&szlig;t. Das wird nicht zuletzt durch den autonomen und vollwertigen Teilbereich der Comics, f&uuml;r den die K&uuml;nstlerin Edda Strobl verantwortlich zeichnet, transparent. Und: In den R&auml;umen der Kunst zu agieren wird nicht als prinzipielles Anliegen formuliert, aber als legitime M&ouml;glichkeit der Pr&auml;sentation sehr wohl wahrgenommen.

<br>
Aufbau und Struktur des Labels versteht sich als organisch. Dessen Ziel ist es nicht, in kalkulierter Art und Weise und unter Ber&uuml;cksichtigung markttechnischer Trends neue K&uuml;nstler zu rekrutieren, sondern jeder Aktive stellt einen Verkn&uuml;pfungspunkt zu neuen und f&uuml;r Tonto relevanten Acts dar. &raquo;Es gibt keine Ber&uuml;hrungs&auml;ngste oder Genrezw&auml;nge, wichtig ist die Vermeidung von Marktforschungsstrategien&laquo;, meint Tonto-Musiker Robert Lepenik. Die Ver&ouml;ffentlichungspolitik will man als basisdemokratischen Prozess betreiben. Das ist als Vorgehensweise sicher lobenswert, ob es aber in der pragmatischen Umsetzung funktioniert, darf, auch aufgrund der Gr&ouml;&szlig;e des Kollektivs, bezweifelt werden. Nichtsdestotrotz will man, laut Ballhausen, das Gesamte hervorheben: &raquo;Die Ber&uuml;hrung mit dem Kontext von Tonto betont also nicht die Auswahl der Arbeiten sondern die integrative Kraft der Reihe&laquo;.
<br>

<br>
<br>
<b>Corporate Identity</b>
<br>
<br>
Diese strukturelle Organisation schl&auml;gt sich nat&uuml;rlich auch in Form und Inhalt nieder: Das Cover &#65533;Artwork vermittelt einheitliche Signifikanz, das Frontbild wird von den Musikern individuell ausgew&auml;hlt, die CDs sind vorgepresst, die Ver&ouml;ffentlichungsnummer wird aber per Hand aufgetragen. Die einzelnen Releases sind dezidiert als Reihe erkennbar und zu verstehen &raquo;deren roter Faden weniger im Genre besteht, als im Wunsch nach Entdeckung,....&laquo; schrieb Lepenik im Info-booklet des Labels.
<br>
Damit wird auch schon das inhaltliche Anliegen umschrieben: Der experimentelle Charakter ist ein wichtiger Teil des Unternehmens, aber nicht zwingend notwendig. Corporate Identity ist die logische Konsequenz des Bem&uuml;hens als wachsendes Gesamtkunstwerk wahrgenommen zu werden. Das Arbeitsumfeld darf und soll in den Arbeitsprozess einflie&szlig;en.

<br>
<br>
<br>
<b>Das Produkt als Teil eines Gesamtenvironments</b>
<br>
<br>
Wo befinden wir uns eigentlich stilistisch wenn hier von der Vermeidung von Genrezw&auml;ngen die Rede ist: F&uuml;r den mit Pop sozialisierten H&ouml;rer l&auml;sst sich im Gesamten nat&uuml;rlich eine Tendenz zu Minimal-Electronica und Soundforschung abseits von klassischer Eing&auml;ngigkeit feststellen. Unterhalb dieser Oberfl&auml;che lassen sich aber sehr wohl, manchmal sublim, manchmal offensichtlich, pophistorische Genres ausmachen. Deshalb umfasst das Spektrum, innerhalb des Kosmos der experimentellen Elektronik, harsche Dub Ans&auml;tze (Posch/Tonto#5), zersplitterten Noise-Rock (Reas/Tonto#11), ambienteske Gelassenheit (Lepenik/Tonto#6) oder fragmentarische Soundanordnungen (reMI/Tonto#10). In manchen Momenten k&ouml;nnte der Cineast auch eine Soundtrackkompatibilit&auml;t diagnostizieren, wenn auch nicht f&uuml;r hollywoodsche Blockbuster, was aber ohnehin nur ein Kompliment sein kann.

<br>
Den Projekten gemein ist auf alle F&auml;lle eine nicht selbstzweckhafte Sperrigkeit im besten Sinne. Zur weitl&auml;ufigen Meinung, &raquo;Computermusik&laquo; dieser Art vermittle eine Form von K&auml;lte, seien zwei Dinge gesagt: Erstens arbeiten wenige der Tonto-Musikschaffenden mit ausschlie&szlig;lich computergenerierten Sounds, sondern vielfach mit analogem Material (deshalb ist auch der Vergleich mit Mego nicht stimmig), zweitens besitzen die Tracks, auch in den ruhigen Momenten, einen zu hohen Grad an Expressivit&auml;t und positiver Aggression um diesem Vorwurf gerecht zu werden. Weiters bem&uuml;ht man sich soundtechnisch um Dichte und einer teilweise auch w&auml;rmevermittelnden Mulmigkeit, nicht zuletzt dank der Postproduction von Winfried Ritsch.
<br>
<br>
<br>
<b>From Music to Comics</b>

<br>
<br>
Grunds&auml;tzlich handelt es sich bei den Comicentw&uuml;rfen um Tuschezeichnungen, die nichts besch&ouml;nigen, denen einen gewisse Tristesse innewohnt, die durchaus auch einen bedrohlichen Charakter entwickeln k&ouml;nnen und deren narrative Linie schwierig zu erschlie&szlig;en ist.
<br>
Wenn auch die Verbindung von Musik und Comics auf den ersten Blick als eher ungew&ouml;hnlich erscheint und im Umkreis der Produktionen vergleichbarer Labels selten ist, war der Schluss f&uuml;r Tonto ein nur logischer. Das Ganze hat seine Urspr&uuml;nge auch in einer Poptradition: Wie Raymond Pettibon schon als Zeichner f&uuml;r das legend&auml;re US-amerikanische Label SST t&auml;tig war und etwa die Cover von Sonic Youth-Alben gestaltete, wird hier genauso eine ideelle Verkn&uuml;pfung angestrebt, wenn auch beide Zweige f&uuml;r sich Autonomie beanspruchen.

<br>
Gemein ist den beiden Unternehmungen die Affinit&auml;t zum Experiment, ihre roots haben die Comics in der US-amerikanischen Independent-Szene der Achtziger.
<br>
Zum wirklichen Kurzschluss kommt es dann bei Live-Performances: Das musikalische Setting wird um die hauseigene Bildproduktion erweitert, mittels &raquo;Video oder gro&szlig;formatiger Prints&laquo;.
<br>
<br>
<br>
<b>Standorttechnische Identit&auml;t</b>
<br>
<br>
Da eine grazspezifische Popidentit&auml;t durchaus ausbauf&auml;hig ist, um es mal diplomatisch zu formulieren, ist es nat&uuml;rlich von Interesse, welche Rolle Tonto in diesem Prozess spielen kann und will. Die Antwort ist einfach: n&auml;mlich keine. So lautet zumindest die Intention des Labels. Was es schlussendlich an Bedeutung f&uuml;r Graz haben k&ouml;nnte, ist in seiner Gesamtheit nat&uuml;rlich nicht steuerbar. Es handelt sich bei diesem Umstand aber keinesfalls um Arroganz oder Verweigerung, sondern um eine konzeptuelle Ausrichtung, die ihre Urspr&uuml;nge in der gew&uuml;nschten Weitervernetzung des Projekts hat. Soll hei&szlig;en: Musiker und K&uuml;nstler aus aller Herren L&auml;nder sind nicht nur willkommen, sondern dezidiert erw&uuml;nscht.

<br>
<br>
<br>
<b>Future now</b>
<br>
<br>
Auch in Zukunft m&ouml;chte Tonto eine allzu strategische Planung vermeiden und die Dinge eher dem kollektiven Prozess &uuml;berlassen. Geht die Rechnung auf, ist dieser Entwurf, solange Tonto existiert, m&ouml;glicherweise ein quasi nie enden wollendes Puzzle, in dem jedes neue Teilchen das bislang bekannte Antlitz in ein neues umformt.
<br>
Einen besseren Ansatz, um sich ein gr&ouml;&szlig;tm&ouml;gliches Feld an M&ouml;glichkeiten freizuhalten, gibt es eigentlich nicht. So wird versucht, der Musik und der Kunst jene Freiheit und Fluktuation zu gew&auml;hren, die sie eigentlich ben&ouml;tigt um sich von g&auml;ngigen Mustern zu befreien und vielleicht neue zu schaffen.

<br>
In diesem Sinne: Future now und niemals zur&uuml;ckblicken. Und weil es jetzt so &uuml;berhaupt nicht passt, aber im Hinblick auf Minimalismus doch seine Berechtigung hat, wollen wir an Woody Guthrie denken: &raquo;Wer mehr als drei Akkorde verwendet, ist ohnehin ein Angeber&laquo;.
<br>
<br>
<br>
<b>CD-Releases</b>
<br>
<br>
#1 Kaplan: &raquo;Wave Mash Target&laquo; (1998)

<br>
#3 Posch: &raquo;Jakomini Rue&laquo; (1999)
<br>
#4 Coop: &raquo;Moped&laquo; (1999)
<br>
#5 Posch: &raquo;Gruen Anger Rudeboy&laquo; (2000)
<br>
#6 Lepenik: &raquo;Atoll K.&laquo; (2000)

<br>
#7 Lang: &raquo;A Room Full Of Shoes&laquo; (2001)
<br>
#8 Heinrauch/Kl&ouml;ckl/Mattersdorfer: &raquo;Dip Ling&laquo; (2001)
<br>
#9 Lepenik: &raquo;If You Dig Syd, Dig For Syd&laquo; (2001)
<br>

#10 reMI: &raquo;Geist Der Utopie&laquo; (2001)
<br>
#11 Reas: &raquo;Reas&laquo; (2001)
<br>
#12 Laleloo: &raquo;Same&laquo; (2001)
<br>
#13 reMI: &raquo;Vincit Veritas&laquo; (2001)

<br>
#14 Math/Zeininger: &raquo;Tempest&laquo; (2002)
<br>
#15 Reflector: &raquo;Flugangst&laquo; (2002)
<br>
<br>
<b>Comic-Releases</b>
<br>
<br>
#0 Strobl + Kaplan: &raquo;Genossen&laquo;

<br>
#1 Gmeindl/Stecher: &raquo;Ja, gro&szlig;er Meister&laquo;
<br>
#2 Ballhausen: &raquo;Alien(n)ation: A Displaced Person&laquo; (2002, in Vorbereitung)
<br>
<br>
<b>Vertrieb:</b> Trost, <a href="http://www.trost.at" target="_blank">www.trost.at</a>

<br>
<b>Weiters erh&auml;ltlich &uuml;ber:</b> <a href="http://www.mego.at" target="_blank">www.mego.at</a>
<br>
<b>Netz: </b><a href="http://www.tonto.at" target="_blank">www.tonto.at</a></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br></br>